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Zur aktuellen Situation des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge (Oberfranken)

Brutmännchen "Torres" bewacht seinen Nachwuchs an einem traditionellen Brutplatz im Zentrum des Fichtelgebirges. Der Bursche wurde...

Tuesday, November 18, 2014

Schwarzstorchberingung 2014 in Deutschland - die etwas andere Übersicht....

Typisches Aufrichten des Altstorches nach einer Fütterung - bedingt durch das Nachschlucken und Aufnehmen der Nahrungsreste im Schlund. Die gierigen Jungstörche sammeln hingegen noch Reste der zuvor ausgewürgten Nahrung im Nestzentrum auf.
Seit 2005 werden in Deutschland unsere Schwarzstörche mit Metallringen/ ELSA-Ringen der jeweiligen Beringungszentrale und den sogenannten Farb-Kennringen auf ihren heiligen Stätten umsichtig beringt.
Für den Klettermaxe eine durchweg anspruchsvolle Tätigkeit, gepaart mit höchster Konzentration. 

Ich selber führe die Beringungen grundsätzlich nur im Nest durch, um so den schon sichtlich vorhandenen Stressfaktor für die Jungstörche doch noch etwas erträglicher zu gestalten.
Besonders wichtig - die Jungen behalten bei einer Beringung im Nest ihren Zusammenhalt und einen engen Körperkontakt. Geführte "Dialoge" mit ihnen - zugegeben ein besonderer Spleen von mir - beruhigen "The Simpsons" auf eine besondere Art und Weise. Außerdem schlägt ein beachtlicher Zeitunterschied zu Buche, ob man also die Jungstörche im Nest - oder aber unten am Waldboden per vorherigem Gondelbetrieb beringt.
Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, wenn man die Jungen auf ihren Nestern begrüßen kann. Auch hier lernt man jede Menge über das Verhalten solcher Rasselbanden. Oft findet sich ein Rädelsführer, wiederum kommen einige Kobolde als Stehaufmännchen unter der Decke zum Einsatz, dann gibt es Zwicker und Picker im Begrüßungskomitee....es ist also stets für die nötige Abwechslung gesorgt. Ich kann ferner, kein Scherz, am Verhaltensmuster der Jungstörche mitunter  sogar ableiten, ob die selben Eltern vom Vorjahr beteiligt waren und so ihren Nachwuchs erneut hier aufpäppeln..
Man schult zudem als kurzweiliger Nesthocker bzw. Ersatzstorch den speziellen "Weitblick" - der Beringer lernt viel zur Anflugstrategie und Habitatwahl der Brutstörche vor Ort - unter zum Teil skurrilsten Bedingungen - ob nun im Nadelwald des Frankenwaldes, in halligen und bewirtschafteten Buchenbeständen der hessischen Rhön, in Totalwaldreservaten des Harzes oder in urigen kleineren Bauernwäldern mit märchenhaften Stiel-Eichenbeständen des Norden.... Hinzu kommen wichtige Aussagen zur Statik des Nestes, ist es stabil oder droht ein Absturz, stören Äste beim Anflug und und und.... So eine Beringungsaktion ist also viel mehr als nur das Klettern und ein Ringe anlegen.
Durch den engen und ganz speziellen Kontakt im Nest baue ich eine fast unbeschreibliche Beziehung zu den Schwarzstörchen auf.

Die berühmt-berüchtigte Schwarzstorchdecke - sie ist der Leatherman am Mann - diese leicht luftige Decke "kuschelte" im Laufe der letzten Jahre bereits mit mehr als 1000 Jungstörchen gemeinsam im Nest. Sie hat definitiv Geschichte geschrieben - von heftigen Gewitterstürmen in beachtlich hohen Buchenkronen, famosen Schwellungen, verursacht durch Wespen- und Hornissenstiche, bis hin zur unerträglichen Hitze auf dünnen windigen Fichtengurken. 
Bereits nach der zweiten Nestinbetriebnahme des "Schwarzstorch-Flokati" nimmt dieser den von mir so geliebten, für andere jedoch eher einen in die Flucht schlagenden "Storchen-Forellen-Geruch" an. Man kann es ohne viel Phantasie schon erahnen, wie das Teil nach mehr als 50 Nesteroberungen (ohne Waschgang) am Saisonende duften wird.... Herrlich oder kritisch!?

Diese vier weiß toupierten Wuschelköpfe verfolgen sehr aufmerksam meinen Abstieg. Der Gesichtsausdruck verrät es: endlich verschwindet der Penner von der Bildfläche....

Das Beringungsjahr 2014 im Schnelldurchlauf...

Eine für unsere Schwarzstörche in der Summe sehr erfolgreiche Brut- und Beringungssaison 2014 hat bereits wieder ihren Abschluss gefunden.
205 Jungstörche erhielten im Juni von drei Beringern in Deutschland ihre individuellen weißen T-Kennringe im Nest.

Nachfolgend eine 10-jährige Gesamtübersicht - der bisher beringten Schwarzstörche von 2005 bis 2014: 


federal state    2005    2006    2007    2008    2009    2010    2011    2012    2013    2014    total
MV 21 27 27 36 31 20 22 15 8 0 207
HE 0 0 0 15 22 44 66 55 36 64 302
BB 9 5 6 4 4 8 26 11 1 0 74
SN 0 14 9 8 7 5 18 27 2 15 105
BY 0 0 0 0 9 23 19 13 7 18 89
TH 0 0 0 12 6 11 9 37 0 30 105
NRW 0 0 0 0 0 8 14 0 0 0 22
ST 0 0 0 0 0 0 14 8 7 0 29
NI 0 0 0 0 0 0 0 0 22 10 32
BW 0 0 0 0 0 6 7 8 0 5 26
RP 0 0 0 0 0 4 8 49 32 59 152
SL 0 0 0 0 0 0 5 3 0 4 12
total ringed 30 46 42 75 79 129 208 226 115 205 1155

Bei zuvor fünf abgedeckten Jungstörchen muss man im Getümmel der 10 Beinchen tüchtig aufpassen - jedes Bein bekommt nur einen Ring....dann auch jeweils den passenden Ring auf der richtigen Seite, ja und die Buchstaben-Zahlen-Kombination ist dabei immer schön von unten nach oben abzulesen....Passt, wackelt, hat Luft...


Der Ausblick bis 2016

Das "Schwarzstorch-Farb-Kennring-Projekt" in Deutschland wird - nach jetzigem Stand in zwei Jahren - also nach einer 12-jährigen "Deckenwurf-Dauerplage" und mit sicher mehr als 1400 beringten Kobolden - einen hoffentlich würdigen Abschluss finden.
2015 liegen die Schwerpunktbereiche noch einmal in den ostdeutschen Bundesländern - insbesondere in MV, BB, SN und TH.


Eine umfassende und von vielen Freunden des Waldstorches und den ehrenamtlich tätigen Nestbetreuern dann sicher schon sehnlichst erwartete Auswertung der Beringungsdaten wird Ende 2016 folgen. 
Aussagen zum Ansiedlungsverhalten, zur Geschlechtsreife, zur Lebenserwartung/ Mortalität, den Zugwegen/ Zwischenrastplätze und letztendlich den Überwinterungsgebieten unserer Schwarzstörche werden getroffen.
Daher auch noch einmal der dringliche Appell an die Schwarzstorch-Landeskoordinatoren der jeweiligen Bundesländer: weist bitte die Nestbetreuer noch einmal auf die elementare Bedeutung einer  aufmerksamen Kontrolle nach beringten Altstörchen an den bekannten Brutplätzen hin. Ein Schwarzstorch-Beringungsprogramm macht nur dann Sinn, wenn wir gemeinsam einen umfangreichen Datenschatz unserer "Genpool-Rumtreiber" - aber auch der benachbarten europäischen Schwarzstörche -  kapern können.

Es befinden sich bereits mehr als 380 Wiederfundmeldungen von mehr als 270 nestjung beringten deutschen Schwarzstörchen auf meiner Liste. Das entspricht annähernd einem Viertel der bis dato beringten Schwarzstörche - diese sind mehr oder weniger in die "Radarfalle" der "Ring-Hunter" geraten. Bemerkenswerte Rückmeldungen schreien förmlich nach einer Veröffentlichung an geeigneter Stelle.

Anmerkung: sämtliche Bilder und Daten des Aufsatzes können ohne eine entsprechende Genehmigung/ Zusage des Autors nicht verwendet bzw. veröffentlicht werden.

Und dann möchte ich schließlich und endlich in naher Zukunft meine interessantesten und skurrilsten Erlebnisse dem Leser sehr gerne vor die Brille halten.... ob nun aus den schönsten Wäldern Deutschlands, den staubigsten Pisten im Jordantal oder den unglaublichsten Begegnungen der dritten Art in luftiger Höhe. Eine Idee - die hoffentlich angemessene Ruhe, Tinte und Papier finden wird....

..so oder ähnlich......

 ....und vielleicht mit solchen Karten...