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Zur aktuellen Situation des Schwarzstorchs im Fichtelgebirge (Oberfranken)

Brutmännchen "Torres" bewacht seinen Nachwuchs an einem traditionellen Brutplatz im Zentrum des Fichtelgebirges. Der Bursche wurde...

Sunday, October 25, 2015

Was für ein Schildbürgerstreich...



  • Die beiden Fotos oben zeigen das Schreiadler-Männchen "Panni" auf seiner "Hauswiese" im Brutrevier "Pa" am 18.09.2014 während der Jagd auf Kleinsäuger. 
  • Das Brutrevier "Pa" liegt mit dieser integrierten Dauergrünlandfläche in einem EU-Vogelschutzgebiet. Für die Ausweisung dieses Vogelschutzgebietes zählte vor allem der Schreiadler zu den essentiellen  und abgrenzungsrelevanten Großvogelarten. 
  • Parallel läuft derzeit ein Genehmigungsverfahren eines in 6 km Entfernung befindlichen WEA-Projektes. Eine Entscheidung über die Errichtung dieser WEA im Landkreis Rostock steht noch aus.
  • Gleichwohl wurde bereits gemeinsam zwischen dem Planer/ Betreiber der WEA und dem Landkreis Rostock (zuständige Untere Naturschutzbehörde, UNB) über entsprechende Kompensationsflächen verhandelt. Es geht primär um die Erweiterung und Verbesserung der Flächenkulisse (Nahrungshabitate) für drei relevante Schreiadler-Paare, welche sich an der 6 km-Peripherie des WEA-Planungsgebietes befinden.
  • Das Brutrevier "Pa" zählt zu diesen betroffenen Schreiadler-Brutplätzen.
  • Bei der Analyse zur aktuellen Grünlandausstattung ließen sich nachfolgend besonders im besagten Revier "Pa" größere Defizite (Qualität und Quantität) nachweisen. 
  • Daher wurde ein speziell ausgerichteter Kompensations-/ Maßnahmenplan für eine "Schreiadler-gerechte Grünlandnutzung" erstellt.
  • Für das Revier "Pa" zog man daraufhin auch in unmittelbarer Nachbarschaft zur o.g. "Hauswiese" weitere Grünlandflächen in die Kompensationsmaßnahmen ein.
  • Der Planer/ Betreiber der WEA schloss im Ergebnis dieser Defizitanalyse langjährige Bewirtschaftungsverträge mit den Landwirten (Pächter/ Eigentümer) für die ausgewählte Flächenkulisse ab. 
  • Parallel startete 2015 ein kostenintensives Grünlandmonitoring für sämtliche Kompensationsflächen.



Völlig sprachlos nahm ich dann am 10.09.2015 diesen großflächigen Umbruch von annähernd 15 ha Dauergrünland  unmittelbar auf der "Hauswiese" von "Panni" und "Paula" auf (siehe 3 Bilder oben). 
Eine entsprechende Anzeige zum Grünlandumbruch ging umgehend an die UNB des Landkreises Rostock.
Es stellte sich heraus, dass die UNB des Landkreises Rostock diesen Umruch genehmigt hatte!

Hier die entsprechende Antwort (e-Mail-Auszug) einer Mitarbeiterin der UNB vom 11.09.2015: 
"....das Projekt wurde bei uns im Mai angezeigt. In Abstimmung mit Herrn..... wurde dem Landwirtschaftsbetrieb ..... die GL-Erneuerung auf der Teilfläche im September mit einer GL-Mischung, die nicht nur hochwachsende Gräser enthält, gestattet..."


Erneut fassungslos nahm ich diese Info von einer Naturschutzbehörde auf....
  • Ein Mitarbeiter der UNB des Landkreises Rostock genehmigte bereits im Mai diesen Grünlandumbruch von wertvollem Dauergrünland ohne z.B. den langjährigen Schreiadler- und NATURA-2000 Gebietsbetreuer vor Ort vorher zu konsultieren.
  • Der Umbruch fand auf einer Fläche statt, auf der seit Jahren das Schreiadler-Paar sehr erfolgreich vor allem Kleinsäuger und Amphibien gejagt hatte. Es liegen genügend Belegaufnahmen vor. Ein Umbruch mit fatalen Folgen. Während des Grünlandumbruchs war das Schreiadler-Paar 2015 außerdem noch anwesend!
  • Gleichzeitig erfolgten aber mit selbiger UNB umfangreiche Abstimmungen/ Ergänzungen zur Erweiterung und Erhaltung von Dauergrünland speziell für dieses Schreiadler-Paar. Aufgrund einer zu geringen Ausstattung geeigneter Grünlandflächen wurde die Flächenkulisse auf Drängen der UNB daraufhin vergrößert! 

In nur 700 m Entfernung zur genehmigten Dauergrünlandumbruchsfläche läuft ein umfangreiches Grünlandmonitoring-Projekt zur Erhaltung und Verbesserung der Nahrungssituation des betroffenen Schreiadler-Paares. 
Beide "Projekte": "Grünlandumbruch" und zugleich die "Erhaltung und Vergrößerung der Grünlandkulisse" wurden und werden von der UNB des Landkreises Rostock "fachlich" begleitet. Ein gelungener Schildbürgerstreich eben....

Es ist besonders bedauerlich, wenn eine Untere Naturschutzbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommerns zur Verschlechterung der Nahrungssituation des streng geschützten und in Deutschland stark bedrohten Schreiadlers beiträgt.
Durch solche kontraproduktiven Maßnahmen kann beispielgebend der anhaltende Rückgang von Dauergrünland in M-V jedenfalls nicht aufgehalten werden.....


Eine der vielen Belegaufnahmen zur Nutzung der frisch umgebrochenen "Hauswiese" vom BP "Pa" im EU-Vogelschutzgebiet (hier Männchen "Panni" am 21.05.2015 auf Beutejagd;  noch vor dem Umbruch auf exakt der Fläche).



Belegaufnahme vom 15.04.2014 - Kurz nach der Ankunft im Brutrevier nutzte "Panni" die Baumreihe als Ansitzwarte (einer seiner Lieblingsplätze), um auf der leider inzwischen umgebrochenen Dauergrünlandfläche zu jagen.


Diverse Fremdadler nutzten regelmäßig vor dem Umbruch diese "Hauswiese". Hier ein fremdes Männchen vom 31.07.15 (Heumahd...).


Vom 17.-18.09.2014 besuchte das Weibchen "Florentine" aus dem benachbarten Revier "Re" das Brutrevier von "Panni"! An beiden Tagen ging sie regelmäßig in der jetzigen Umbruchsfläche speziell auf Kleinsäuger zur Jagd. Belegaufnahmen liegen ebenso vor. Diese Aufnahme stammt vom 18.09.14, "Florentine" kreiste exakt über der inzwischen umgebrochenen Fläche!